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Jens Leveringhaus: Ehrlicher Ausblick in eine nachhaltige Zukunft

Interview mit Jens Leveringhaus

 

Wie sieht die Zukunft der Einkaufsgenossenschaft, des Krankenhauseinkaufs und deren Verantwortung für künftige Generationen aus? Im Gespräch mit HCM erklärt Jens Leveringhaus, warum neue Wege braucht und welche Vision ihn bei der Umgestaltung der PEG antreibt.

Jens Leveringhaus, Vorstandsvorsitzender der P.E.G. eG

Herr Leveringhaus, lassen Sie uns mit einem Blick in die Zukunft starten. Wie wollen Sie den 75. Geburtstag der PEG feiern?

Hoffentlich als glücklicher Pensionär, der sich freut, eine Einladung zur Jubiläumsfeier erhalten zu haben (lacht). Die PEG wird sich dann wahrscheinlich zu einer Service- und Dienstleistungsgenossenschaft mit dem Einkauf als einen von mehreren Servicebereichen verändert haben.

 

Heißt Sie stellen das Geschäftsmodell der klassischen Einkaufsgemeinschaft in Frage?

Dieses Geschäftsmodell hat nur noch mittelfristig Potenzial. Die fortschreitende Digitalisierung wird auch im Gesundheitswesen Marktplatzmodelle entstehen lassen, vergleichbar mit denen im B2C- Bereich. Damit wird der Klinikeinkauf zukünftig auf Knopfdruck Preise und Konditionen unterschiedlicher Anbieter vergleichen und seine Bestellungen sofort auslösen können. Die zunehmende Transparenz, die u.a. auch Preisvergleichsportale schaffen werden, werden die Rolle von reinen Einkaufsgemeinschaften immer weiter reduzieren. Dann wird mehr Service im Sinne von Beratung, Prozessbegleitung, Qualitätsbeurteilung oder bei der Umstellung auf andere Produkte gefragt sein.

 

Was bedeutet das für die PEG?

Dass wir als Traditionsunternehmen, das seit mehr als 50 Jahren am Markt agiert, nun die notwendige Geschwindigkeit auf die Straße bringen werden, um uns zukunftssicher aufzustellen. Die PEG hat unter der Leitung von Anton Schmidt bewiesen, dass sie neue Ideen voranbringen kann. Dies werden wir nun mit einem neuen Fokus angehen. Grundlage für unsere Neuausrichtung war ein Strategieworkshop im vergangenen Jahr, bei der wir uns folgende Vision gegeben haben: Eine gesunde Welt für gesunde Menschen. Diese wird jetzt von unseren rund 60 Mitarbeitenden nach Kräften in sämtlichen operativen Tätigkeiten umgesetzt. Unsere Mission ist es, Nachhaltigkeit und umweltbewusstes Handeln in die operativen Procurement-Prozesse von Einrichtungen zu bringen und sie bei der Umstellung aktiv zu begleiten.

 

Nachhaltiges Wirtschaften ist also sowohl für die PEG als auch den Klinikeinkauf der Schlüssel zu einer gesicherten Zukunft?

Ja. Nachhaltigkeit ist ein Thema, das man nicht mal eben so mitmacht. Wir werden uns ihr verpflichten. Umwelt und Gesundheit stehen im engen Zusammenhang. Nach der Pandemie wird das nächste große Thema der Klimawandel sein und je nach Regierungskoalition zusätzlich an Fahrt gewinnen. Dass Einrichtungen zu den größten Emittenten von CO2 gehören, ist mittlerweile bekannt. Einige wenige Häuser haben das bereits erkannt und sich auf die Reise begeben, dieses Ungleichgewicht zu beheben. In der Umsetzung hapert es aber oftmals noch. Hier kann die PEG eine entscheidende Rolle spielen.

 

Wie definieren Sie Nachhaltigkeit für sich?

Nachhaltigkeit hat unterschiedliche Facetten. Diese reichen von der Gewinnung von Rohstoffen über Arbeitssicherheitsstandards bei der Weiterverarbeitung bis hin zu Umwelteinflüssen in der Lieferkette, bei der Verpackung und beim Recycling. Wenn man sich Nachhaltigkeit annimmt ist es essenziell, nicht den Fokus zu verlieren und zu identifizieren, an welchen Stellen man tatsächlich einen Beitrag leisten kann. Wir haben für uns einen Bereich identifiziert, in dem wir bereits gut aufgestellt sind, sich andere aber noch nicht auf den Weg begeben haben. Auf Versorgung und Beschaffung entfallen ca. 70 Prozent der Treibhausgasemissionen im Gesundheitswesen – ein guter Start.

 

Wie kann der Einkauf denn einen Beitrag zu Nachhaltigkeit leisten?

Das beginnt z.B. mit Fragen an Lieferanten zu deren Nachhaltigkeitsstrategien, den eingesetzten Verpackungsmaterialien, vorhandenen Recyclingprogrammen oder Produktionsbedingungen. Außerdem kann das Beschaffungsmanagement mit beeinflussen, welche Art von Fahrzeugen zum Einsatz kommt, wie die Lagerhäuser organisiert sind und wo und zu welchen Konditionen Energie eingekauft bzw. produziert wird.

 

Wie schätzen Sie das Bewusstsein im Einkauf für diese Themen ein?

Mein Gefühl ist, dass es hier Nachholbedarf gibt. Auf Geschäftsführungsebene ist das Bewusstsein vorhanden, auf der operativen Ebene ist es weniger ausgeprägt. Es erreichen uns bereits Anfragen aus den Mitgliedseinrichtungen, ob wir z.B. in Form von Regelwerken und Schulungen unterstützen können. Healthcare-Einrichtungen brauchen einen Nachhaltigkeitsverantwortlichen, der alle Aspekte unter sich vereint. Ein reiner Top-Down-Ansatz reicht da nicht aus. Wir wollen mit einigen Krankenhäusern in die konkrete Umsetzung gehen. So können wir voneinander lernen und das Thema Nachhaltigkeit gemeinsam voranbringen.

 

Was dürfen wir künftig von der PEG erwarten?

Schnelles, agiles Handeln, Lösungen, die mitwachsen und immer besser werden, eine optimierte Kommunikation, einen stärkeren Fokus auf Service und Wirtschaftlichkeit sowie ein neues Veranstaltungsformat. Künftig soll es zwei bis drei kleinere themenfokussierte Events im Jahr geben, die Know-how und ein Netzwerk im jeweiligen Arbeitsbereich anbieten. Im Oktober steht die Generalversammlung an. Bis dahin werden wir erste Projekte in der Umsetzung haben und die ein oder andere Zusammenarbeit mit Gleichgesinnten angegangen sein.

 

Das Interview führte Bianca Flachenecker (Quelle: Health&Care Management, Ausgabe 5/2021).