Expertenwissen

Kochen Sie (noch) selbst oder regenerieren Sie schon?

Die Eingangsfrage im Titel impliziert bereits, dass es in den Küchen der Care-Gemeinschaftsverpflegung (Care-GV) zwei systemische Ansätze gibt. Am einen Ende der Skala findet sich die sog. „Frischküche“ mit eigener Speisenzubereitung, mit denjenigen die noch selbst kochen. Dazu gehört sowohl das Kochen mit Heißverteilung wie auch die Zubereitung im Cook & Chill-Verfahren.

Am anderen Skalenende hingegen findet sich die sogenannte „High-Convenience-, oder Verteilerküche“, durch die man die eigene Produktionsküche praktisch gänzlich ersetzt. Wer seine Speisen also (die Rede ist überwiegend von Speisen/Komponenten der Mittagsmahlzeit) nicht mehr selbst herstellt, bezieht sie bei dieser Art der „Küche“ dann aus der industriellen Produktion bzw. Manufaktur. Solcherlei Speisen/Komponenten werden dann, mit deutlich weniger Aufwand gegenüber eigener Produktion, nur noch zur Servier- und Ausgabefähigkeit hin “regeneriert“.

Nicht dass etwa der Einsatz von regenerier- und servierfähigen High-Convenience-Produkten nun völlig neu wäre. Es gibt ihn sehr etabliert, bereits schon länger am Markt. Dennoch ist es immer wieder doch äußerst bemerkenswert, wie sehr doch die Gegensätzlichkeiten der beiden konträren Ansätze von den jeweiligen Verfechtern zum Kampf der Systeme hochstilisiert werden.

 

Bei der Diskussion um die Systemfrage „selbst kochen, oder regenerieren“, kann man deshalb mitunter sogar das Gefühl bekommen, dass es insbesondere aus der Fraktion der eigenen Küche heraus, eben nicht mehr nur sachlich, um systemische, organisatorische und qualitative Fragen der Patienten- und Bewohnerverpflegung geht, sondern dass das Thema von der Strukturfrage hier bereits zur “Kulturfrage“ erkoren wurde. Dies vielfach nach dem Motto; stirbt die eigene Speisenproduktion, stirbt damit nicht nur die Küchenkultur, sondern gleich auch noch die Essenskultur! Dabei gibt es bekanntlich hier zwischen der jeweils reinen Lehre von einerseits „schwarz“ und andererseits „weiß“, eine recht ausgedehnt verlaufende Grauzone (siehe Mischküchensystem), mit dem Einsatz von einer inzw. nie dagewesenen Fülle von diversen Convenienceprodukten, verschiedenster Ausprägung, welche auch in der eigenen Produktionsküche Eingang finden. Doch das wird vielfach entweder nicht gesehen, oder bewusst ausgeblendet.

Wer bislang eine eigene Produktions-/Frischküche in einer Gesundheitseinrichtung betreibt, hatte eigentlich noch nie wirklich die Notwendigkeit, sich dafür rechtfertigen zu müssen. Schließlich ist das ja das Normale, das Ursprüngliche und Selbstverständliche, oder? Zu hoch war/ist bislang in Deutschland allgemein das Ansehen dafür, wenn eine CareKüche selbst kocht, weil damit von Hause aus, automatisch sozusagen, viele positive Unterstellungen hinsichtlich unausgesprochener Kundenerwartungen zu u.a. Qualitäts- und Frischeversprechen damit verbunden werden. Das wird dem Kunden dann auch vielfach verstärkt suggeriert, so dass die Meinungsbildung klar dahin geht, dass selbst gekocht einfach viel besser, viel frischer und schmackhafter ist, als zugekaufte, fertige Speisen. Vielerorts wo eigene Produktionsküchen mit entsprechendem Aufwand betrieben werden, funktioniert das Qualitätsversprechen ja auch tatsächlich Bestens, weil Erwartungen und Ergebnisse auf passendem Niveau miteinander einhergehen. Somit gab es immer und gibt es auch künftig ganz bestimmt immer, eine Berechtigung für die Eigenproduktionsküche, wenn sie mit der richtigen Philosophie gedeckt ist, gute Qualität liefert, im Einklang mit passender Wirtschaftlichkeit steht, dazu Struktur & Organisation bedarfsgerecht sichergestellt werden kann!

 

Nicht selten jedoch funktioniert das Leuchtturm-Image eines eigenen Produktionssystems pardoxer Weise jedoch auch bei sehr indifferenter Leistungserbringung. Selbst dann, also wenn diese Art der Küchen ihre Versprechen in Hinsicht auf die Kundenerwartung praktisch nicht einmal annähernd einlösen. Das heißt schlicht, dass ein Rating auch dann vom Grundsatz her besser ist, wenn die Qualität dort nachweislich nicht stimmt, weil im Ergebnis des Küchen-Outputs, über die Speisen weder eine Handwerklichkeit erkennbar ist, noch diese sich durch weitere, positive Merkmale wie z.B. besonderer Frische, oder Geschmack abhebt. Ungeachtet dessen; betreffend der systemischen Anteile in Care-Küchen kann und konnte man zumindest für die Vergangenheit immer konstatieren, dass trotz erhöhtem Aufwand und bekannter Herausforderung darum, solche Eigenproduktionsküchen zu organisieren wie aufrechtzuerhalten, die Front stand seitens der Fürsprecher derer, die solche Küchen in Care-Einrichtungen sehen möchten, bzw. sie betreibt.

 

Frisch-/Eigenproduktionsküchen haben bis zum heutigen Tag, vergleicht man es z.B. mit anderen mitteleuropäischen Ländern, daher einen vergleichsweisen sehr hohen Anteil in Deutschland, was den enorm hohen Stellenwert des Ansatzes unterstreicht. Was gestern war und bis heute vielfach im Ist seinen Bestand hat, kann also in der GV-Care eine sehr hohe Kontinuität nachweisen. Was an systemischem Wandel in den vergangenen drei Dekaten erfolgt ist, war ebenso moderat wie die Entwicklungsgeschwindigkeit, mit der sie fortgeschrieben wurde.

Doch was ist mit der Zukunft, was ist mit morgen?

Wieder einmal steht das Gesundheitswesen, stehen die Care-Einrichtungen aller Sparten (Kliniken, Reha-Kliniken und Pflegeeinrichtungen) vor riesigen Herausforderungen und Unwägbarkeiten, was die Zukunft betrifft. Dabei geht es bei nicht wenigen um die nackte Existenz. U.a. Corona wie auch der momentan zu erlebende politische Zeitenwandel mit jeweils allen negativen Wirkungen und Folgen daraus sind Gründe dafür, dass wir auch in den Küchen momentan Veränderungen und eine Situation erleben, wie wir sie bislang so nicht kannten.

 

Viele GV-Care-Küchen und Verpflegungsbetriebe stehen derzeit schon „mit dem Rücken zur Wand“. Es ist nicht zu übersehen, dass ein Großteil davon inzwischen sowohl finanziell wie auch personell deutlich unterdeckt ist und daher unter teils extrem hohem Druck steht.

 

Nur die allergrößten Optimisten in der Branche gehen daher wohl derzeit noch davon aus, dass wir es hier mit einer temporären Lage zu tun haben. Einer Phase, die man nur beharrlich Aussitzen muss, die sich mit der Zeit wieder ins Positive dreht, wo sich Dinge irgendwann schon wieder beruhigen und auch alles wieder gut wird. Prinzip Hoffnung ist sicherlich nie verkehrt…, jedoch und darauf deuten viele Umstände bei sachlicher Bewertung hin und Fachkreise sehen das auch so, steht die Care-Verpflegung bereits am Anfang eines weitgehenden wie tiefgreifenden Strukturwandels. Wer dem nicht glaubt, dem sei ein Seitenblick in die Sparten von Gastronomie & Hotellerie sowie der Betriebsverpflegung anempfohlen, auf deren Situation und Lage. Doch im Gegensatz zu denen, können die Care-Verpflegungsbetriebe wegen personellem Mangel eben nicht die Anzahl der Ruhetage ausweiten, oder gar die Betriebsferien verlängern!

 

Stichwort Personal und personelle Unterdeckung; wussten wir in der Care-Verpflegung nicht schon länger, seit Jahren bereits, dass wir ein strukturelles Fachkräfteproblem haben und zunehmend, spätestens es jedoch verschärft mit dem Ausscheiden der Baby-Boomer-Generation bekommen? War es nicht auch schon vor Corona mitunter mehr als schwierig gewesen, selbst Hilfspersonal für die Küche zu bekommen und freie Stellen zu besetzen? Eigentlich war doch klar worauf das hinausläuft, wenn sich nicht etwas in positiver Richtung ändert. Und nun, wie ist die Situation heute? JA, es hat sich etwas geändert, aber… leider eben nur nicht zum Positiven. Im Gegenteil!

 

Wir erleben gerade vielfach sowohl in städtischen wie in ländlichen Regionen, praktisch deutschlandweit, einen immer rascher zu Tage tretenden, teils hoch akuten Personalmangel sowohl an Fachkräften wie gleichermaßen auch an Hilfskräften, für die Küchen- und Verpflegungsbetriebe. Nicht selten sind Küchen daher bereits heute jenseits der Belastungsgrenze der Beschäftigten angekommen, fehlt es dort im Personalkörper sowohl an Kapazitäten, wie jedoch auch an Fachlichkeit sowie Leistungs- und Tragfähigkeit. Selbst best- wie höchstprofessionell geführte Betriebe & Organisationen der GV-Care, auch Einrichtungen die gut und über Tarif bezahlen, bekommen nicht im Bedarfsmaß Personal. Prekär wird es für die Einrichtungen, so das persönliche Erleben des Autors aus der Praxis, wenn diese dadurch ins Risiko laufen, mit der Gefahr, dass die Verpflegungsleistung nicht mehr wie geplant und erforderlich erbracht werden kann.

Die Kernfragen aus dieser gesamten Situation lautet:

  • Was folgert aus der misslichen, inzwischen teils drastisch veränderten Lageder Gv-Care-Küchen?
  • Worin liegen rasch umsetzbare wie tragfähige Lösungen?
  • Ist die Umstellung auf High-Convenience-Verteilerküche eine solche Lösung?

 

Bisher galt, jenseits aller finanziellen Betrachtungen, dass nicht alles, was sich rechnet auch politisch umsetzbar, dem Kunden- wie Gästeklientel vermittel-, oder gar zumutbar war. Gerade Einrichtungen mit hohem Fokus auf die Qualität der Verpflegung, deren Credo eine gesunde Ernährung zu stellen taten und tun sich mit Industrie-Food auf dem Teller sehr schwer. Wer Qualitätsorientierte Verpflegung aus einer frischen, eigenen Küche heraus popagiert, diese als Marketinginstrument nutzt ohnehin.

 

Aber, der Wind hat sich inzwischen gedreht, die Sicht ist hier inzwischen vielfach eine andere! Aktuelle Entwicklungen zeigen bereits jetzt einen sehr eindeutigen Trend dahingehend, dass zunehmend mehr Care-Verpflegungsbetriebe den Weg suchen und gehen, weg vom System der eigenen Produktionsküche, hin in Richtung von „High-Convenience-/ Verteilerküche“. Es hat eine klar indizierte Erosion der Eigenproduktionsküchen eingesetzt die, so sehen es Experten, für die nahe Zukunft sich deutlich ausweiten und dazu auch noch rasch an Fahrt aufnehmen wird.

 

Solcherlei Konsequenz, das Handeln in Richtung Systemwechsel, um künftig nur mehr zu regenerieren, statt selbst zu kochen, fällt vielen Entscheidern nicht eben leicht, was absolut nachvollziehbar ist. Andererseits ist das jedoch nicht nur der naheliegendste sondern auch ein aus Beratersicht höchst bedarfsgerechter Lösungsansatz, weil man durch eine solche Strukturumstellung im System, neben einer Reduktion des Fach- und Hilfskräftebedarfs auch sehr viel Komplexität aus dem Gesamtbetrieb herausnimmt.

 

Mögen sich einige derer die jetzt das Küchensystem umstellen (müssen) damit trösten, dass es ja womöglich nur vorrübergehend ist, sich von der Eigenproduktion zu verabschieden. Dass man also fest gewillt ist, das in besseren Zeiten künftig auch wieder zurückführend zu ändern. Realistisch betrachtet wird es für die wohl allermeisten bestehenden GV-CareBetriebe, die in die Umstellung gehen, jedoch ein Reiseziel sein, welches mit einem „One-Way-Ticket“ gebucht wird. Die Prognose darf dazu gestellt werden, dass neu ans Netz gehende Care-Einrichtungen künftig ohnehin eher weniger mit Eigenproduktionsküchen ausgestattet werden, als mit High-Convenience-Verteilerküchen. Haben auch Sie in Ihrer Care-Einrichtung, organisatorische Herausforderungen mit der Eigenproduktionsküche, suchen nach Lösungen? Denken auch Sie bereits über einen alternativen Systemwechsel hin zu einer Mischküche oder High-Convenience-/Verteilerküche nach? Dann sprechen Sie mit uns. Die PEG Fachberatung Verpflegungsmanagement hält hier für Sie ein spezifisches Beratungs- und Leistungspaket bereit.

Wilfried Hötzer
Teamleiter Fachberatung Verpflegungsmanagement